Drei Wochen bevor das Christkind kommt, stellt Papa die Krippe im Wohnzimmer auf und meine kleine Schwester und ich dürfen mithelfen. Viele Krippen sind total langweilig, aber die unsere nicht, weil wir haben mords tolle Figuren darin. Ich habe einmal den Josef und das Christkind auf den Ofen gestellt, damit sie es schön warm haben, aber es war ihnen zu heiß. Das Christkind ist schwarz geworden und den Josef hats zerrissen. Ein Fuß von ihm ist bis in den Plätzlesteig geflogen, das war kein schöner Anblick. Meine Mama hat mich geschimpft und gesagt, daß nicht einmal die Heiligen vor meiner Blödheit sicher sind.
Wenn Maria ohne Mann und Kind rumsteht, schaut es nicht gut aus. Aber ich gab gottseidank viele Figuren in meiner Spielzeugkiste und der Josef ist jetzt Donald Duck. Als Christkind wollte ich den Asterix nehmen, weil der als einziger so klein ist, daß er in den Futtertrog gepaßt hätte. Aber Mama hat gesagt, man kann doch als Christkind keinen Asterix nehmen, da ist ja das verbrannte Christkind noch besser. Es ist zwar schwarz, aber immerhin ein Christkind.
Hinter dem Christkind stehen zwei Oxen, ein Esel, ein Nilpferd und ein Prontosaurier. Das Nilpferd und den Saurier habe ich hineingestellt, weil der Ox und der Esel waren mir zu langweilig. Links neben dem Stall kommen gerade die heiligen drei Könige daher. Ein König ist dem Papa im letzten Apfent beim Putzen heruntergefallen und war total hin. Jetzt haben wir nur mehr zwei heilige Könige und einen Batman als Ersatz.
Normal haben die heiligen drei Könige einen haufen Zeugs für das Christkind dabei, nämlich Gold , Weihrauch und Pürre oder so ähnlich. Von den unseren hat einer anstatt Gold eine Kaugummipapierle dabei, das glänzt auch schön. Der ander hat eine Marlboro in der Hand, weil wir keinen Weihrauch haben – aber die Marlboro raucht auch schön, wenn man sie anzündet.
Der heilige Batman hat eine Pistole dabei. Das ist zwar kein Geschenk für das Christkind, aber damit kann er es vor dem Saurier beschützen.
Hinter den drei Heiligen sind ein paar rothäutige Indianer und ein käsiger Engel. Dem Engel ist ein Fuß abgebrochen, drum haben wir ihn auf ein Motorrad gesetzt, damit er sich leichter tut. Mit dem Motorrad kann er fahren, wenn er nicht gerade fliegt.
Rechts neben dem Stall haben wir Rotkäppchen hingestellt. Sie hat eine Pizza und drei Weizen für die Oma dabei und reißt gerade eine Marone ab.
Einen Wolf haben wir nicht, drum lugt hinter dem Baum der Garfield als Ersatz-Wolf vor.
Mehr steht in der Krippe nicht drin, aber das reicht voll!
Am Abend schalten wir die Lampen an und dann ist unsere Krippe erst so richtig schön. Wir sitzen so herum und singen Lieder vom Apfent. Manche gefallen mir, aber die meisten sind mir zu lasch. Mein Opa hat mir ein Gedicht vom Apfent gelernt und das geht so:
„Apfent, Apfent, der Bärwutz brennt. Erst trinkst Du oan, zwoa, drei, dann vier, dann hauts di mit deim Hirn an d’Tür“. Obwohl dieses Gedicht sehr schön ist, hat Mama gesagt, daß ich es mir nicht merken darf.
Im Apfent wird auch gebastelt. Wir haben eine große Schüssel voll Nüsse und eine kleine voll Goldstaub. Darin wäzen wir die Nüsse, bis sie golden sind und das Christkind hängt sie später an den Baum. Man darf nicht fest schnaufen, weil der Goldstaub ist total leicht und fliegt herum wenn man hineinschnauft.
Einmal hab ich vorher in den Goldstaub ein Niespulver hineingetan und wie mein Vater die erste Nuß darin gewälzt hat, tat er einen Nieserer, daß es ihn gerissen hat und sein Gesicht total golden war und die Nuß nicht. Mama hat ihn geschimpft, weil er keine Beherrschung hat und sie hat gesagt, er stellt sich dümmer an als ein Kind. Meinem Vater war es recht zuwider und er hat nicht mehr mitgetan. Er hat gesagt, daß mit dem Goldstaub irgendwas nicht stimmt und Mama hat gesagt, daß höchstens bei ihm etwas nicht stimmt. Ich habe mich gefreut, weil es war insgesamt ein lustiger Apfentabend.
Kurz vor Weihnachten müssen wir unsere Wunschzettel schreiben. Meine Schwester wünscht sich meistens eine Puppe oder sonst ein Klump.
Ich schreibe vorsichtshalber mehr Sachen drauf und zum Schluß schreibe ich dem Christkind, es soll einfach soviel einkaufen, bis das Geld ausgeht. Meine Mama sagt, das ist eine Unverschämtheit und irgendwann bringt mir das Christkind gar nichts mehr, weil ich nicht bescheiden bin.
Aber bis jetzt habe ich immer etwas gekriegt und wenn ich groß bin und ein Geld verdiene, dann kaufe ich mir selber etwas und bin überhaupt nicht bescheiden. Dann kann sich das Christkind ärgern. Das ist mir dann wurscht.
Bis man schaut ist der Apfent vorbei und Weihnachten auch und mit dem Jahr geht’s dahin.
Die Geschenke sind ausgepackt und man kriegt nix mehr bis Ostern, höchstens wenn man vorher Geburtstag hat.
Aber ein weiß ich: der Apfent kommt immer wieder.
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